„Earth for all“ – der Bericht von 2022 an den Club of Rome.

Club of Rome: „Earth for all“. Der zweite Bericht der Wissenschaffenden an den „Club of Rome“ heißt „Earth for all“ und ist die neue Bibel der Klimabewegung.

50 Jahre ist es her, dass uns die „Grenzen des Wachstums“ von den Wissenschaffenden des Club of Rome vor Augen geführt haben, wo die Menschheit hinsteuert: in den Abgrund. Viele von uns haben in der Schule gelernt, dass die Hinweise evident sind und weiteres Wachstum die Prognosen Realität werden lassen. Das Update trägt den Titel „Earth for all“.

Cover „Earth for All“ des Club of Rome. ISBN 9783962383879.
Der neue Bericht des Club of Rome.

Leider hat sich in den vergangenen 50 Jahren gar nicht so viel geändert. Nicht zuletzt deshalb hat der Club of Rome noch einmal eine Bestandsaufnahme, Prognose und Veränderungseckpunkte veröffentlicht. Die Essenz ist nicht weniger dramatisch als 1972 – was auch von kaum jemandem erwartet wurde. Außer vielleicht von denen, die denken, dass man mit Technik alles lösen kann. Leider funktioniert bisher weder der Fusionsreaktor als Heilsbringer der für fast alles notwendigen Energie. Noch der Replikator, mit dem sich genug Lebensmittel überall auf der Welt „herzaubern“ ließen.

Die notwendige Transformation der menschlichen Gesellschaften ist noch dringender geworden. Denn die „Doomsday Clock“ ist im Januar weiter vorgerückt auf 90 Sekunden bis zum Jüngsten Gericht. Die Atomwissenschaftlex des Bulletin of the Atomic Scientists von theBulletin.org haben die Weltuntergangsuhr damit um weitere zehn Sekunden vorgestellt. Die im Club of Rome vertretene Wissenschaft hat 2022 auf über 250 Seiten dargelegt, welche vier Felsen wir schnellstens bewegen müssen.

Politisches Handeln

Da wäre zunächst der Felsblock Politik in den Demokratien zum Handeln zu bewegen. Hier sind es also die Menschen selbst, die an den Wahlurnen entscheiden, welche Politik den rasenden Zug vor dem Abgrund noch anhält. In den Monarchien, Diktaturen und Autokratien wären es die wenigen staatstragenden Personen, die Kraft ihrer Selbstüberzeugung, angeblich zu den Schlauesten zu gehören, die notwendigen Schritte zu unternehmen, die übrigen Felsen zu bewegen. Sozusagen „one, to rule them all“ – also der eine Fels, die übrigen zu regieren.

Soziale Bewegungen

In Berlin und allen Bundesländern ist es die Klimaliste, in Schweden Greta Thunberg mit ihrem „Skolstrejk für Klimatet“ (Fridays for Future), im United Kingdom die Extinction Rebellion, in den USA die MeToo-Bewegung und andere, die soziale Bewegungen überall in der Welt initiiert haben und versuchen, ein Bewusstsein für die Notwendigkeit des Umdenkens durch eine neue gesellschaftliche Debatte zu erzeugen. Dadurch entsteht in der Politik eine neue Beachtung, die bedrohlichen Folgen des Klimawandels ernst zu nehmen und sich damit nun endlich einmal auseinanderzusetzen. Die Wahlwiederholung in Berlin am 12. Februar 2023 ist eine Klimawahl.

Neue ökonomische Logik

Primär ist gemeint, dass die Energiewende hin zu erneuerbaren mittlerweile günstiger geworden sei als fossile Energieen. Immer noch Gültigkeit hat auch die Un-Logik von Wirtschaftswachstum auf einem Planeten mit endlichen Ressourcen. Eine soziale Gerechtigkeit als ökonomische Rahmenbedingung für die Stabilität des globalen Systems von Beziehungen zwischen den Wirtschaftsfaktoren hat ein Niveau erreicht, dessen Relevanz für den gesamten Erdball wir am Beispiel des Ukrainekrieges sehen: die Weltwirtschaft gerät massiv in Turbulenzen, wenn die zur Neige gehenden Reste der fossilen Brennstoffe nicht richtig fließen, global erwartete Getreidefrachter nicht fahren können oder Lebensmittelkonzerne kein Sonnenblumenöl mehr bekommen. Eine neue Logik findet sich im Ansatz der Donut-Ökonomie wieder.

Technologische Entwicklung

Automatisierung und Digitalisierung führen seit langem zu Verwerfungen auf den Arbeitsmärkten, deren ungeheure Kräfte immer noch nicht berücksichtigt werden und deren soziale Sprengkraft mancherorts schon zu spüren ist. Die immer größer und weltweit betrachtet immer umfangreicher werdende Öffnung der sozialen Schere erfordert über lang oder kurz eine Entkoppelung von Lohn und Arbeitsleistung – vor allem in Hinblick auf die absurder werdenden Spitzengehälter: wenn irgendwann kaum noch jemand Arbeit hat oder davon leben kann, gibt es auch keine Kaufkraft mehr; auch die Millionen der Reichen haben keine volkswirtschaftlich relevante Kaufkraft. Damit die Weltwirtschaft dann noch funktioniert, sind Modelle wie das bedingungslose Grundeinkommen letztlich unausweichlich. Die regenerative Energieerzeugung muss und wird auch von neuen Technologien partizipieren, hat in Relation zum disruptiven Charakter der Rationalisierungstechnologien aber nur wenig Potential für gesellschaftliche Umbrüche. Der mittelfristige Atomausstieg auch in anderen Ländern ist selbst im Atomland Frankreich keine so große Sache.

Reformation 2.0

Earth for all“ wird eventuell die Bibel der Klimabewegung. Ob eine solche Bedeutung in Zeiten von Privatfernsehen, Facebook und der Macht von Influencern für ein Buch – selbst in digitaler Form – noch zu erreichen ist, wird sich zeigen. Für den politisch interessierten Teil der Baby Boomer war der erste Bericht des Club of Rome das jedenfalls.

„Earth for all

Herausgegeben vom Club of Rome gibt es „Earth for all“ als gedrucktes Buch, e-Pub oder PDF für nachhaltige 25 bez. 20 Euro beim Oekom Verlag, München 2022. 254 Seiten.

Autorx:

Presseauswahl

Tagesschau: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/weltwirtschaft/club-of-rome-grenzen-des-wachstums-101.html